Armeniens Hauptstadt Eriwan blickt auf eine 2.800 Jahre alte Geschichte, kann aber vor allem das Sowjet-Erbe nicht verleugnen.
Es ist schon kurios, dass eine Stadt vor allem für etwas berühmt ist, das es gar nicht gibt: einen fiktiven Radiosender. Die etwas älteren Semester werden sich noch an den Kalten Krieg und die Zeit vor dem Zerfall der Sowjetunion erinnern. In jenen Tagen hatten Radio-Eriwan-Witze Hochkonjunktur – und immer nach demselben Muster: „Frage an Radio Eriwan…“ gefolgt von der Antwort im Running-Gag-Format: „Im Prinzip ja, aber…“ Die mehr oder weniger lustigen Witze, die sich vornehmlich an den Systemunterschieden zwischen westlichen und sozialistischen Staaten rieben, waren eine Art politischer Karikatur in Wortform.
Bahnhof in Eriwan
Die Witze sind größtenteils längst in Vergessenheit geraten beziehungsweise nicht mehr zeitgemäß. Geblieben sind aber in Eriwan die Spuren aus der Zeit der Sowjetunion. Insbesondere außerhalb des Zentrums der armenischen Hauptstadt ragen scheußliche wie gesichtslose Wohnblocks in Form von Plattenbauten gen Himmel.
„Eriwan war einst ein wichtiger Handelsplatz an der legendären Seidenstraße“, blättert der Armenien-Experte Aramayis Mnatsakanyan, der von allen schlicht Aram genannt wird, ein wenig verbal im Geschichtsbuch des kleinen vorderasiatischen Landes. Gleichzeitig weist der 42-jährige nicht ohne Stolz darauf hin, dass die Geschichte der Stadt rund 2.800 Jahre zurückreicht.
Ruine der Festung Erebuni
Als Keimzelle und Geburtsstätte der heutigen armenischen Hauptstadt gilt die im Jahre 782 vor Christus errichtete Festung Erebuni. Daraus abgeleitet wurde der heutige Name der mit 1,2 Millionen Einwohnern größten und wichtigsten Stadt des Landes. Von der auf einem Hügel liegenden Festung sind heute im Wesentlichen nur noch rekonstruierte Mauerteile erhalten. Von dem historisch bedeutsamen Ort gibt es ein herrlichen Panoramablick auf Eriwan, aber auch auf die mächtigen Berge Ararat (5.137 Meter) und Aragaz (4.090 Meter).
„Nicht weniger als 14 Mal wurde Eriwan im Laufe seiner langen Geschichte zerstört und wieder aufgebaut“, weiß Aram weiter zu berichten. Der Vater zweier Töchter, der mit einer Deutschlehrerin verheiratet ist, ergänzt, dass noch im 18. und 19. Jahrhundert viele Häuser schlicht aus Ton, Lehm und Holz errichtet waren. Deshalb nannte der russische Zar Eriwan auch schlicht den „Tontopf“.
Plattenbauetn In Eriwan
Im Stadtteil Kond mit seinen bis zu 250 Jahre alten Häusern lässt sich noch heute ein ursprüngliches Stück Eriwan erleben und entdecken. Die Straßen und Gassen sind hier extrem verwinkelt, nicht planerisch angelegt, sondern komplett wild gewachsen und erinnern an ein weitläufiges Labyrinth, in dem nur die streunenden Katzen sicher ihren Weg zu finden scheinen.
Obschon sich ansonsten noch immer viele Gebäude aus sozialistischer Zeit in Eriwan befinden, erlebte die armenische Kapitale am Rande der Ararat-Ebene nach Beendigung des Ersten Weltkriegs eine grundsätzliche Neuordnung. Architekt Alexander Tamanyan (1978-1936) entwickelte im Jahre 1924 am Reißbrett den Generalplan für eine moderne Stadt mit vielen Grünanlagen für bis zu 200.000 Menschen. Einiges davon wurde in den Folgejahren entsprechend umgesetzt. Unter russischer Macht blieben viele Vorhaben aber auch unvollendet. Stattdessen schossen unansehnliche Plattenbauten wie Pilze aus dem Boden.
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